Versuch einer Rückschau auf 5½ Konzerte …

Der Titel stand schon früh fest, einerseits ist es eine Anspielung auf ein älteres Programm „schlicht ergreifend“, andererseits ist es ein etablierter Topos der Romantik, und drittens liebt die deutsche Sprache solcherlei Wortpaare.
Ein intensives Probenwochenende Mitte Februar im Hochschwarzwald, begleitet von sehr aufschlussreichen Filmdokumentationen über Fanny Hensel und Clara Schumann, viele Freitagsproben, eine öffentliche Sonntagsprobe – und der Startschuss konnte fallen:
28. Juni: Premiere in St. Josef, Denzlingen

Auf Anhieb überzeugend gelungen, nicht nur nach eigenem Empfinden. Prominenz im Premierenpublikum: Profis aus den Rundfunkorchestern des WDR und des NDR sowie vom Münchner Barockorchester, ein renommierter Theaterkritiker von „Theater heute“.
Einhellige Meinung: Hervorragend!
Ein sehr guter Start, der auch den Ausführenden sichtlich Spaß gemacht hat.
29. Juni: Konzert in St. Blasius, Wyhl
Eine eigentlich sehr schöne, inspirierende Kirche, aber zwei harte Herausforderungen:
Unglaublich drückende Schwüle in der Kirche, im wahrsten Sinne des Wortes „atemberaubend“, und ein Volksfest direkt vor der Kirche mit Fahrradversteigerung, Musik und Bier – akustisch eine herbe Konkurrenz.
Dennoch: Tränen der Rührung im Publikum, begeisterte Standing Ovations, und wiederum eine Menge mehr als positiver Rückmeldungen im Gespräch mit den Zuhörern. TonArt konnte mit der Irritation irgendwie umgehen, aber schöner wäre es natürlich gewesen, das Konzert in Ruhe genießen zu können.

5. Juli: halbes Konzert in der Ev. Stadtkirche Emmendingen
Ein Beitrag zum Badischen Chorfest der Landeskirche, deshalb nur ein Teilkonzert von 25 Minuten mit den geistlichen Werken des Programms.
Begeisternd für TonArt und begeistert von TonArt: Das sehr große Publikum, das an diesem Wochenende natürlich auch jede Menge Vergleichsmöglichkeiten hatte. Tags drauf in der BZ war TonArt auf einer Fotoseite als einziger Chor „in action“ abgedruckt – leider ohne Namensnennung 😉

Hier geht es zum erwähnten Foto der BZ (Bild 96/149) – auch ohne Namensnennung: eindeutig TonArt!
5. Juli: Konzert in der Ev. Kirche Ihringen

Eine (für ein Dorf) verhältnismäßig riesige Kirche mit überraschend wenig Hall, aber gutem und transparentem Klang. Aufmerksames und begeistertes Publikum, das angesichts der Größe des Raums leider etwas verloren wirkte. Auch hier wieder viele Zuhörer mit eigener Chorerfahrung, die keinen Hehl machten aus ihrer Entzückung.
Auch hier war die drückende Schwüle eine Belastung für ein so langes a-cappella-Programm ohne echte Pause zum Durchatmen. Das Publikum konnte immerhin das Programmheft als Fächer nutzen …
6. Juli: Konzert in der Ev. Kirche Herbolzheim-Tutschfelden

Eine zauberhafte Barockkirche auf der Anhöhe über dem Dorf, sehr gut restauriert, mit viel Platz im Altarraum auch für eine doppelchörige Aufstellung. Dafür reduzierte Bankreihen, die Kirche war brechend voll. Überraschenderweise war der Klang trotzdem wahrlich bombastisch, machte richtig Spaß. Die lautstark mitmischende Verstärkeranlage konnte schließlich außer Gefecht gesetzt werden.
Ein schöner Zufall: Ausgerechnet die Textstelle „Von allen Türmen hallt der Glockenton“ wurde von anhaltendem Acht-Uhr-Geläut untermalt und begleitet.
Hübsch …
Auch hier wieder nahezu frenetischer Beifall, Standing Ovations und viele positivste Rückmeldungen.
20. Juli: Konzert in der Ev. Kirche Köndringen
Sozusagen „Dernière“ dieses Programms für dieses Jahr. Kurz gesagt: „Keine neuen Vorkommnisse“. Alles lief prima, das Publikum war’s zufrieden – vielleicht etwas verhaltener als bei den anderen Konzerten. Derlei hängt auch immer an der zufälligen Zusammensetzung der Menge …
Ein junger, sehr aufgeschlossener Pfarrer, mit dem sich eine weitere Kooperation gut vorstellen lässt. Die Kirche ist besonders, die Akustik auch hervorragend.

Fazit:
Das Programm erwies sich als tragfähig, abwechslungsreich und eben „typisch romantisch“. TonArt konnte die darin liegenden Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich Dynamik, Tempovarianz und Ausdruck voll ausschöpfen, nahezu zelebrieren.
Entgleisungen blieben aus dank der Tatsache, dass die Programmzusammenstellung gut innerhalb der Möglichkeiten von TonArt lag, dennoch aber recht anspruchsvoll war. Besonders durch die schnellen Wechsel der Stimmungen, aber auch durch die teils herausfordernde Harmonik (Reger, Schumann). Auch die polyphon gehaltenen Motetten von Brahms und Mendelssohn waren nicht akademisch, eher gar dramatisch (Psalm 2).
Eine tragende Rolle spielten Textverständlichkeit und Intonation, zwei Pfunde, mit denen TonArt unbedingt wuchern kann. Beides bestimmt dann auch die mögliche Transparenz und den Ausdrucksrahmen der Stücke.
Sehr gelungen, mit noch ein klein wenig Potential nach vorne (oder oben).
Auch die drei „Neulinge“, für die das die erste Konzertserie mit TonArt war, haben sich sehr gut integrieren können (s. u.) – ganz sicher ein Gewinn für den Gesamtklang.
Niemand bei TonArt würde sich einer Wiederaufnahme des Programms in den kommenden Jahren verweigern, es hat einfach zu viel Freude gemacht!
E.W.